Jahresempfang des Künstler-Forums
Guter Besuch herrschte beim diesjährigen Jahresempfang des Künstler-Forums Schloss Zweibrüggen in Übach-Palenberg.
Ein paar Dinge sind schon anders beim Künstler-Forum Schloss Zweibrüggen, als bei anderen Gesellschaften dieser Art. So gibt es den sogenannten „Jahresempfang“ immer irgendwann zum Ende des ersten Quartals im neuen Jahr. Und eine Woche vorher wird eine sehenswerte Ausstellung eröffnet, so geschehen aktuell mit den Werken von Marie-Gabriele Ahlert, Hans-Dieter Ahlert und Joep Albertz. Der dritte Punkt der Unterscheidung von anderen liegt im kurzen Referat, das der Vorsitzende Prof. Dieter Crumbiegel immer an den Anfang des gemütlichen Teils stellt, um so zu Gesprächen und Diskussionen anzuregen.
In diesem Jahr ging es ihm um das Spannungsfeld zwischen Kunst und Utopie. Während manchem die Kunst als „Abmalen“ des Realen, als Abbild der Realität genüge, habe sie aber noch weit mehr, Prof. Crumbiegel sagt „die eigentlichen“ – Aufgaben. So seien Kunst und das künstlerische Schaffen auf Zeit und gesellschaftliche Zustände abgestimmt. „Betrachten Sie nur die Veränderungen in Politik und Wirtschaft der letzten 50 Jahre, ja der letzten zehn Jahre, und es wird Ihnen klar sein, dass die Kunst wie ein Seismograph diesem Wandel folgt oder ihn sogar mitherbeiführt“, sagte Crumbiegel den gut 50 Anwesenden im Schloss Zweibrüggen. Sich mit diesem Spiegel der eigenen Zeit zu befassen, wertete er als aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und nicht als schöne Freizeit- und Feierabend-Tätigkeit. Gerade in einer Zeit der Digitalisierung und Rationalisierung, ausufernder Bürokratie, und den daraus resultierenden Einschränkungen der politischen und individuellen Handlungsfreiheit, fasziniere die Kunst im Sinne von Max Frisch als „Statthalter der Utopie“. Als faszinierende Möglichkeit sich aus dem „Nützlichkeitsdenken“ der Gesellschaft zu befreien, sei die Kunst „einer der letzten gesellschaftlichen Freiräume“. Gerade autonome, unabhängige Kunst, die heute nicht im Fokus der Kunstszene stehe, zeichne sich dadurch aus, dass sie von keiner Nutzanwendung politischer und wirtschaftlicher Art sei. Sinnlos sei Kunst deswegen noch lange nicht, sinnierte der Fachmann. „Gerade in dieser Nutzlosigkeit besteht ihr Sinn heute“, schloss Crumbiegel. Indem er Theodor Adorno interpretierte, sah er abschließend in der Nutzlosigkeit die einzige Möglichkeit der Kunst, ihre Autonomie zu wahren und damit Raum für neue gesellschaftliche Strömungen zu schaffen.
Norbert Frensch (l.) und Gerd Dilly an den Tasten sorgten für die musikalische Ausgestaltung des Jahresempfangs.
Genügend Zeit, um über diese Worte zu sprechen, aber auch um wie Bürgermeister Wolfgang Jungnitsch ein Lob für die umfassende künstlerische Arbeit des Forums loszuwerden, gab es anschließend beim Imbiss und der musikalischen Begleitung durch Norbert Frensch und Gerd Dilly.