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Internationaler Frauentag am 08. März - überhaupt noch zeitgemäß?

Bericht der Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten aus dem Kreisgebiet Heinsberg

Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, wie wichtig es immer noch ist, auf dieses Thema aufmerksam zu machen und in den Bestrebungen, Gleichstellung auch zu erreichen, nicht nachzulassen.

Frauen im Berufsleben

Aktuelle Statistiken zeigen, dass in Berufen, die mit Menschen zu tun haben, traditionell immer noch überwiegend Frauen arbeiten. Dies sind die Pflegeberufe, Berufe im Sozial- und Erziehungsbereich und auch der Einzelhandel.

Daneben nehmen Frauen auch überwiegend die unbezahlte Sorgearbeit zu Hause wahr.

Gerade die Corona-Virus-Pandemie macht offenkundig, dass die tradierten Rollenmuster noch lange nicht aufgebrochen sind. Es besteht die Gefahr, dass sich diese erstmal weiter zementieren. Die Anstrengungen, Gleichstellung zu erreichen dürfen nicht nachlassen.

Oft sind es gerade die von Frauen dominierten Bereiche wie Pflege, Kinderbetreuung und Einzelhandel, die uns als Gesellschaft durch die Pandemie tragen. Der Frauenanteil liegt hier bei 75% (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung). Eine langfristige Wertschätzung erfolgte bislang nicht. Es blieb bei Gesten und Dankesbekundungen.

„Wenn Unternehmen sagen: Wir sind ein technisches Unternehmen. Wir haben keine guten Frauen. Dann sage ich immer: Im Abitur und im Studium waren die noch da. Wo sind die denn alle hin? …“ (Bundesfrauenministerin Franziska Giffey im Juli 2020)

Wo sind die qualifizierten Frauen mit einer guten schulischen bzw. beruflichen Qualifikation? Sie sind oftmals über die „Hindernisse“ männlich geprägter Strukturen, damit einhergehender fehlender Unterstützung und auch nicht optimalen Bedingungen von Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestolpert und auf dem Karriereweg auf der Strecke geblieben.

Auch die Bundesregierung hat erkannt, dass es ohne staatliche Lenkung nicht gelingt, die Frauenquoten in den Führungsetagen von Unternehmen zu erhöhen. Daher wurde 2016 das Führungspositionengesetz verabschiedet. Darin festgelegt wurde eine Frauenquote für Aufsichtsräte, mit der Novellierung Anfang 2021 nun auch für Vorstände von börsennotierten Unternehmen.

Im öffentlichen Dienst sind mehr als die Hälfte der Beschäftigten Frauen. Ein Blick in die Führungsebene zeigt aber, dass auch hier Frauen unterrepräsentiert sind, obwohl weitgehend die Verpflichtung zur Gleichstellung besteht.

Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat sich sicherlich einiges getan z. B. Elterngeld, Elternzeit, Anspruch auf Anpassung der Arbeitszeit.

Gleichwohl sind es in den Familien überwiegend die Frauen, die diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen. Sie haben meistens den geringer bezahlten Job mit weniger Verantwortung in Teilzeit inne und leisten daher auch logischerweise den Großteil der unbezahlten Fürsorge-Arbeit wie Kinderbetreuung und Haushaltsführung.

Dies kann zur Folge haben, dass Frauen aufgrund von weniger Präsenz bei anstehenden Beförderungen nicht so gut beurteilt und von männlichen Mitbewerbern überholt werden.

Die Arbeitswelt ist noch sehr auf das Vollzeit-Modell ausgelegt. Eine Reduzierung von Arbeitsstunden ist oft mit einem Karrierestopp verbunden oder schlicht nicht möglich. Familienmodelle, in welchen beide Elternteile reduziert arbeiten und sich die Fürsorge-Arbeit gleich aufteilen, erfordert Kreativität, Mut und bringt auch oft finanzielle Verluste. Eine Arbeitskraft ist nicht weniger wert, wenn sie nicht die volle Stundenzahl arbeitet. Beide Elternteile können Kinderbetreuung und Haushalt leisten. Hier gibt es noch viel zu tun, sowohl auf Seiten der Familien als auch auf Seiten der Arbeitgeber. Eine Gleichstellung von Frau und Mann auch im Familien-Arbeits-Kontext hat Mehrwert – dafür lohnt es sich zu engagieren.

Selbst in der Wahrnehmung werden Frauen manchmal anders beurteilt. Ergreift ein Mann häufig das Wort und macht klare Ansagen, wird das als kompetent und souverän wahrgenommen, verhält sich eine Frau genauso, wird sie als dominant und vorlaut eingeschätzt. Und zwar sowohl von Männern als auch von anderen Frauen. (Süddeutsche Zeitung 27.04.2016)

Richtig ist aber auch, dass Frauen sich oftmals scheuen, Führungsaufgaben zu übernehmen. Sie stellen sich mehr als männliche Mitbewerber die Frage: Kann ich das, schaffe ich das, bin ich qualifiziert genug? Frauen bewerben sich erst auf eine höhere Position, wenn sie zu 100 Prozent die Anforderungen erfüllen, Männern reichen 60 Prozent - das hat eine Auswertung von internen Bewerberdaten bei Hewlett Packard ergeben. (Süddeutsche Zeitung 27.04.2016)

Wir als Gleichstellungsbeauftragte achten darauf, dass Frauen gleichermaßen die Möglichkeit zur Qualifizierung erhalten, motivieren die Kolleginnen aber auch, sich weiter fortzubilden bzw. sich auf vakante Positionen für die Führungsebene zu bewerben.

Frauen in der Politik

Lag der Anteil der Frauen im Bundestag vor 2017 noch bei 37,3 %, ging er nach der letzten Bundestagswahl auf 30,7 % zurück. Im Landtag NRW beträgt der Frauenanteil aktuell 27,6 % und ist damit ebenfalls im Vergleich zu den vorherigen Wahlperioden rückläufig.

Es gilt über Jahrzehnte gewachsene männliche (Macht-)Strukturen aufzubrechen. Eine verbindliche Frauenquote für die Besetzung von Vorstandsposten und Listenplätzen konnte z. B. noch nicht überall etabliert werden. In den Kommunalparlamenten in NRW ist der Frauenanteil nach der letzten Kommunalwahl nur leicht von 30% auf 34 % gestiegen.

Es scheitert tatsächlich oft an den Bedingungen. Das politische System auf kommunaler Ebene ist männlich geprägt. Dies macht es Frauen oft schwer, ein politisches Amt und Familie miteinander zu vereinbaren. Hier könnten vielleicht organisatorische Veränderungen wie die Möglichkeit der Kinderbetreuung für die Zeiten von Ausschuss- bzw. Ratssitzungen, eine Umstellung auf Onlinesitzungen oder Hybridveranstaltungen in der Parteiarbeit ein wichtiger Baustein zur Vereinbarkeit von Familie und politischer Arbeit sein.

Frauenanteil in den Stadträten der kreisangehörigen Kommunen und Kreistag im Kreis Heinsberg

Kommune
2014-2020
Ab 2020
Stadt Erkelenz
20,83 % (10 Frauen)
30 % (15 Frauen)
Stadt Geilenkirchen
21,05 % (8 Frauen)
33,33 % (13 Frauen)
Stadt Heinsberg
22,73 % (10 Frauen)
18,18 % (8 Frauen)
Stadt Hückelhoven
20,45 % (9 Frauen)
20,45 % (9 Frauen)
Stadt Übach-Palenberg
9 % (3 Frauen)
22 % (7 Frauen)
Stadt Wassenberg
33,3 % (12 Frauen)
23,7 % (9 Frauen)
Stadt Wegberg
37,8 % (14 Frauen)
35,1 % (13 Frauen)
Kreis Heinsberg
20,37 % (11 Frauen)
24,07 % (13 Frauen)

Deutschlandweit wird nicht einmal jedes zehnte Rathaus (9%) von einer Frau geführt.

Mit der Wahl von Daniela Ritzerfeld zur Bürgermeisterin steht in Geilenkirchen erstmals eine Frau an der Spitze der Verwaltung und des Rates. Im Kreis Heinsberg ist Frau Ritzerfeld als Bürgermeisterin eine Ausnahme, alle anderen Chefsessel in den Rathäusern sind von Männern besetzt.

In der Vergangenheit gab es mit Hedwig Klein in Wegberg erst eine hauptamtliche Bürgermeisterin im Kreis Heinsberg (1999-2009).

Natürlich muss man hierzu auch sagen, dass z. B. bei der letzten Kommunalwahl im Kreis Heinsberg nur auf Kreisebene und in wenigen kreisangehörigen Kommunen Frauen überhaupt als Kandidatin für das Spitzenamt im Kreishaus bzw. in den Rathäusern angetreten sind. Hier wäre es auf jeden Fall wünschenswert, wenn der Anteil der Bewerberinnen in den nächsten Jahren zunehmen würde.

Aber nicht nur in der Arbeitswelt und in der Politik müssen Frauen sich gegen über Jahrzehnte gewachsene Strukturen behaupten.

Gewalt an Frauen

Ein sehr wichtiges aber auch bedrückendes Themenfeld ist Gewalt in allen Formen. Es sind überwiegend Frauen, die sich psychischer und physischer Gewalt, sexueller Belästigung und Stalking ausgesetzt sehen. 81% der Personen, die von partnerschaftlicher Gewalt, Nötigung, Stalking betroffen sind, sind Frauen. (Kriminalstatistik 2019).

Nicht zuletzt die MeToo Debatte hat gezeigt, dass manche Männer es oft nicht wirklich schlimm bzw. fast normal finden, bei Frauen sexuelles Entgegenkommen einzufordern.

Durch den Vormarsch der sozialen Medien spielt sich Belästigung jeder Art leider nicht nur auf der körperlichen Ebene sondern auch immer mehr virtuell ab. Frauen erhalten z.B. ungefragt beleidigende Sprüche, anstößige und auch gewaltvolle Bilder und Videos. Das dies mehr verbreitet ist als man sich vielleicht vorstellt, bewiesen junge bekannte Fernsehgesichter wie Palina Rojinski und Collien Ulmen-Fernandes in dem Video „Männerwelten“, welches im letzten Jahr zur Prime Time im Privatfernsehen für großes Aufsehen sorgte. Ein Anschauen wird sehr empfohlen (im Internet über die Suchmaschinen leicht zu finden).

Die aufgeführten Themen sind nicht abschließend. Dies war nur ein ganz kleiner Einblick in die generellen Lebensumstände von Frauen, wie sie sich heute darstellen. Armut im Alter, Zwangsprostitution, Zwangsehe und auch Genitalverstümmelung (international ein Thema, aber auch schon lange in Deutschland angekommen) u.v.m. sind ebenfalls Lebensbereiche, mit denen es sich zu beschäftigen gilt.

Im weltweiten Vergleich (Global Gender Gap Report) liegt Deutschland auf Platz 10 bei der Gleichberechtigung, an der Spitze liegt Island, vor Deutschland finden sich u.a. Nicaragua und Ruanda. Geht es so weiter, ist die Gleichstellung weltweit in einem Jahrhundert erreicht!!! (Global Gender Gap Report 2019 des Weltwirtschaftsforums)

Deutschland hat in Sachen Gleichstellung also noch einiges zu tun. In der ersten Gleichstellungsstrategie des Bundes aus 2020 werden Ziele und Programme der Regierung für die Gleichstellung von Frau und Mann festgelegt, die resortübergreifend zu berücksichtigen sind. (www.gleichstellungsstrategie.de)

Internationaler Frauentag

Der Internationale Frauentag am 08. März wird weltweit genutzt, um mit Aktionen immer wieder auf die Herausforderungen für Frauen in unserer Zeit aufmerksam zu machen.

Seit über 100 Jahren wird der Internationale Frauentag gefeiert. Er entstand als Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg im Kampf um Gleichberechtigung; das Wahlrecht für Frauen war Hauptthema dieser Bewegung. Erstmals fand der Frauentag am 19. März 1911 statt; zunächst in Deutschland, Dänemark, Österreich, Schweiz und USA. Mehr als eine Million Frauen gingen an diesem ersten Internationalen Frauentag auf die Straße um für ihre Rechte – insbesondere das Wahlrecht - zu kämpfen. In den Folgejahren beteiligten sich immer mehr Frauen an den Demonstrationen. Im Laufe der Jahre entwickelte sich dann der 8. März als Datum, an dem weltweit der Internationale Frauentag gefeiert wird. In insgesamt 26 Ländern ist der Internationale Frauentag ein Feiertag, seit 2019 im Bundesland Berlin, bislang als einziges Bundesland in Deutschland.

Die Gleichstellungsbeauftragten aus dem Kreisgebiet Heinsberg nehmen seit Ende der 1990iger Jahre jedes Jahr den Internationalen Frauentag zum Anlass, eine Veranstaltung für Frauen und Mädchen im Kreis Heinsberg zu organisieren. Jedes Jahr in einem anderen Ort des Kreises und jedes Jahr steht ein anderes Thema im Mittelpunkt.

Jahr
Titel und Ort der Veranstaltung
1997
Markt der Möglichkeiten im Kreishaus Heinsberg
1998
Handwerkerinnen- und Kunsthandwerkerinnen-Markt in Wegberg
1999
Wir haben Mut zum Träumen in Hückelhoven
2000
Frau macht mobil im Kreis Heinsberg in Übach-Palenberg
2001
Kulturen verbinden - Ausländische Frauen präsentieren ihre Nation in Erkelenz
2002
Wege aus der Gewalt in Wassenberg
2003
Girls` Way - Girls` Day - Technik und Handwerk - Eine Chance für Mädchen in Heinsberg
2004
50plus - Leistungsfähig-Fit-Gelassen in Wegberg
2005
Ausstellung Frauenbilder in Erkelenz
2006
Frauen in Bewegung - Richtung Kunst in Erkelenz
2007
10 Jahre AG Gleichstellung - Ausstellung, Gesang, Kabarett, neue Broschüre in Übach-Palenberg
2008
Frauen im Kreis Heinsberg - Verschiedene Herkunft - gemeinsame Zukunft!? in Hückelhoven
2009
Mädchen im Mittelpunkt in Erkelenz
2010
Pflegefall in weiter Ferne in Wassenberg
2011
Selbst(-ständig) ist die Frau! - erfolgreiche Unternehmerinnen zeigen, wie es geht in Heinsberg
2012
Frauen im Stress - Jule Vollmer in Erkelenz
2013
Wiedereinstieg im Fokus - Chancen 2013, Workshop-Reihe; 18 Termine mit 10 Themen in 6 Städten
2014
Ess-Störungen im Fokus - Ausstellung "Klang meines Körpers" im Kreishaus
2015
Frauen stärken - Frauenstärke in Übach-Palenberg
2016
Gleiche Chancen für Mann und Frauen - Kabarettabend in Hückelhoven
2017
Internationales Frauenfrühstück - Vielfalt kennenlernen und genießen in Erkelenz
2018
Filmabend - Suffragette-Taten statt Worte - 100 Jahre Frauenwahlrecht in Heinsberg
2019
Hexenbrand im Heinsberger Land - Hexenverfolgung im Naturtheater in Wassenberg
2020

Betriebe in Frauenhand in Erkelenz und Wegberg

-   leider Corona zum Opfer gefallen   -

Diese breite Palette zeigt, wie vielfältig das Thema Gleichberechtigung ist.

Der Internationale Frauentag ist aber nicht nur ein Tag, an dem auf Probleme aufmerksam gemacht wird, nein: der Internationale Frauentag ist auch ein Tag, an dem Frauen stolz darauf blicken können, wie viel sie erreicht haben und täglich erreichen und leisten, sei es im Beruf, in der Familie, im Ehrenamt, in der Pflege und in vielen anderen Bereichen.

Leider können wir als Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Heinsberg uns aufgrund der Coronapandemie in diesem Jahr nicht mit einer Aktion zum Internationalen Frauentag präsentieren. Deshalb haben wir in diesem Jahr diesen Weg gewählt, um auf unsere Anliegen wieder einmal aufmerksam zu machen.

Für einen Austausch über Frauenthemen, aber auch bei Problemsituationen stehen die Kolleginnen der Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten immer gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Kreis Heinsberg

Anneliese Wellens
Tel.: 02452 131911
Mail: anneliese.wellens@kreis-heinsberg.de

Petra Büschgens
Tel.: 02452 131016
Mail: petra.bueschgens@kreis-heinsberg.de

Stadt Erkelenz

Elke Bodewein
Tel.: 02431 85248
Mail: elke.bodewein@erkelenz.de

Anja Minkenberg
Tel.: 02431 85217
Mail: anja.minkenberg@erkelenz.de

Stadt Geilenkirchen

Monika Savelsberg
Tel.: 02451 629118
Mail: monika.savelsberg@geilenkirchen.de

Stadt Heinsberg

Marika Schroeder
Tel.: 02452 141411
Mail: marika.schroeder@heinsberg.de

Stadt Hückelhoven

Anastasia Schlösser
Tel.: 02433 82335
Mail: anastasia.schloesser@hueckelhoven.de

Stadt Übach-Palenberg

Anja Bischoff
Tel.: 02451 9791015
Mail: gleichstellung@uebach-palenberg.de

Stadt Wassenberg

Vera Hartmann
Tel.: 02432 4900103
Mail: hartmann@wassenberg.de

Stadt Wegberg

Sonja Opwis
Tel.: 02434 83509
Mail: gleichstellung@stadt.wegberg.de